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Zweimal Weltuntergang

Stern

Ein Martin Luther zugeschriebener Spruch lautet: »Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.« Eine ebenso anschauliche, aber pessimistische Vision präsentiert der Kabarettist Lukas Resetarits in Das Ende des Kabaretts. Dort sagt er über die Neutronenbombe: »Die putzt mich weg, das Häferl lässt sie stehen […]«* Der Spruch vom Apfelbäumchen ist optimistisch, denn wer bei einer solchen Aussicht einen Baum pflanzt, glaubt nicht an den Untergang. Das Kabarettlied dagegen verharmlost die Gefahr nicht, weist aber auch keinen Ausweg, da ohnehin nur Gegenstände wie Häferl (Trinktassen) einen Neutronenbomben-Abwurf überstehen würden. Der Unterschied zwischen Spruch und Lied kann so ausgedrückt werden, dass im ersten Fall die Lage ernst, aber nicht hoffnungslos sei und im zweiten Fall hoffnungslos, aber nicht ernst.

* Das Ende des Kabaretts. Text: Heinz R. Unger, Musik: Georg Herrnstadt / Willi Resetarits. Interpret: Lukas Resetarits. Aus: LP Nur kane Wellen! GiG Records 1983


Autor: Christoph Waghubinger, Lizenz: CC BY-SA 4.0